William-Adolphe Bouguereau
Bruder und Schwester
Auf dem Weg zu meinem Morgeneinkauf im Zentrum des Naturistencamps Euronat kommt mir ein gutes Dutzend nackter Kinder von etwa 4 bis 6 Jahren entgegen. Mit ihnen geht die Betreuerin, die nichts an Körper trägt als ein Paar Flipflops an den Füßen. Sie ist eine attraktive junge Frau mit mittellangem, dunklem Haar, fröhlichen Augen und einem makellosen, nahtlos gebräunten Körper.
Mit klarer Stimme sagt sie etwas zu den Kindern, das ich aufgrund meiner schwachen Französischkenntnisse nicht verstehe. Daraufhin schlägt die fröhliche Gruppe vom "MINICLUB Les Pitchouns" den Weg zum Strand ein. Als ich wenig später mit meiner Familie dort eintreffe, sehe ich die Kinder mit ihrer schönen Erzieherin bei lustigen Spielen. Der Spaß steht dabei im Vordergrund. Ganz nebenbei entwickeln Kinder, die mit naturistischen Aktivitäten groß werden, ein positives und verantwortungsvolles Verhältnis zum eigene Körper. Und jeder der Feriengäste in Euronat sieht, wie gut es ihnen dabei geht.
Im Juni 2005 nahm die Skandalpresse einen Kindergarten ins Visier, in dem die Kinder nackt herumlaufen und spielen durften. Eine Familie hatte daran Anstoß genommen und gleich die Polizei eingeschaltet. Die BILD-Zeitung behauptet, ein Kind habe das andere aufgefordert "Du musst hier deinen Pimmel reinstecken!" Falls das überhaupt stimmt (was Kenner dieses Blattes für sehr unwahrscheinlich halten), wollte das Kind vielleicht sein Aufklärungswissen weitergeben. Kinder setzen sich in diesem Alter mit den Körperfunktionen auseinander, das ist normal und keinesfalls schlimm
Für die Betreiber des Kindergartens war das ein neuer Erziehungsansatz: "Die Kinder dürfen sich nackt ausziehen, ihre Körper erfahren, Unterschiede kennenlernen". Doch nachdem in den letzten Jahren Kindesmissbrauch ein ganz großes Thema in der Presse war, ist schwer zu vermitteln, dass das ein seriöser Ansatz ist. Obwohl die Täter meist dem privaten Umfeld entstammen, müssen auch Erziehungseinrichtungen die Kinder mit aller Macht davor schützen, dass ihr argloses Vertrauen in scheußlichster Weise missbraucht wird. Mit Körpererfahrung zu experimentieren, kann leicht zu einer Gratwanderung werden.
Dabei ist Naturismus mit Kindern durchaus kein neuer Erziehungsansatz. Die Kindergartengruppen der Naturistencamps praktizieren das seit Jahrzehnten. Und schon 1931 wurde von einer FKK-Kindergruppe berichtet -- siehe den Artikel von den "Nacktfröschchen". Man kann mit Sicherheit eine Form finden, in der sexuelle Übergriffe ausgeschlossen sind und dies, etwas durch Mitwirkung von Eltern und älteren Geschwistern, auch kontrollieren.
Für die öffentlichen Kindergärten ist das nicht so einfach zu realisieren. Auch ergibt sich in der heutigen multikulturellen Gesellschaft das Problem, dass viele Ausländer Nacktheit auch bei Kindern nicht akzeptieren. So wird aus einem Freiburger Kindergarten berichtet:
"..... Wir haben einen runden Tisch zum Thema Badehosen veranstaltet", berichtet die Erzieherin. Muslimische Mütter und Väter erklärten, wieso ihr Kind nicht nackt planschen soll. Anschließend konnten alle mit dem Badehosenzwang besser leben."
Allerdings stellt sich hier die Frage, warum man einfach eingeknickt ist und den Muslimen nicht erklärt hat, dass das positive Verhältnis zum Körper in unserer Kultur ganz wichtig und unverzichtbar ist. Vielleicht hätten dann alle mit der nackten Freiheit der Kleinen besser leben können!
Wie man sieht, herrschen in unserer Gesellschaft gegensätzliche Meinungen über das richtige Verhältnis zum Körper. Die günstige Auswirkung des naturistischen Lebensstils auf die Entwicklung der Kinder ist leider nicht allgemein anerkannt. Schule und Kindergarten können sich deshalb nur mit großer Vorsicht dafür engagieren.
Umso mehr können Familien Nutzen aus naturistischer Freizeitgestaltung ziehen. Bei textilfreier Aktivität in der Obhut der Angehörigen kann sich das bejahende Verhältnis zum Körper am besten entwickeln. Hierbei können seriöse FKK-Vereine und Urlaubsanbieter Unterstützung geben. Durch kindgerechte Aktivitäten können sie ihre gesellschaftliche Bedeutung sehr wirkungsvoll unter Beweis stellen. Folgende Beispiele seien genannt:
Vereine oder auch für FKK aufgeschlossene Eltern-Kind-Gruppen können hier mehr bewirken, als die Gesellschaft aus eigener Kraft leisten kann. Der gute Kontakt innerhalb solcher Gemeinschaften gibt den Kindern Sicherheit vor unlauteren Machenschaften. So können neue Generationen in der Harmonie von Körper, Geist und Seele heranwachsen.